Reduzierung von krebserregenden Acrylamid

Heute, am 11.04.2018 ist die europäische Verordnung zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln verbindlich in Kraft getreten.

Die genaue Bezeichnung lautet „Verordnung (EU) 2017/2158 der Kommission vom 20. November 2017. Ihr findet die Verordnung unter folgenden Link: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32017R2158

Den ein oder anderen beschäftigt das Thema Acrylamid schon länger, denn die Problematik ist nicht neu, nur hat die EU nun verbindliche Vorgaben erstellt. Das hat zur Konsequenz, dass die Lebensmittelhersteller aktuell im Zugzwang sind und die etlichen Kundenanfragen beantworten müssen. Und die Kunden berufen sich auf die neue Verordnung und erwarten dementsprechend, dass die Forderungen daraus eingehalten werden.

Aber klären wir (für die, welche sich erst jetzt mit diesem Thema beschäftigen) als erstes die Frage, was Acrylamid eigentlich ist, wie es entsteht und warum es eine Gefahr darstellt.

Acrylamid ist chemische Verbindung ist, welche sich formal von Ammoniak ableitet.
Acrylamid entsteht vor allem bei der Erhitzung von getreide- und kartoffelhaltigen Lebensmitteln. Ursächlich dafür ist die Maillard-Reaktion bei der Erhitzung von Stärke. Es ist eine unerwünschte Reaktion. Durch die in Kartoffel- und Getreideprodukten enthaltenen Aminosäuren Asparagin und Glutamin entsteht das unerwünschte Acrylamid. Durch Zucker wie Fructose und Glucose wird die Acrylamidbildung verstärkt.

Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass eine acrylamidfreie Ernährung nicht möglich ist. Es sei denn man verzichtet auf jegliche trocken erhitzte Lebensmittel.

Es gibt aktuell keinen Beweis dafür, dass Acrylamid für den menschlichen Organismus krebserregend ist. Man geht jedoch von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit aus, da eine krebserregende Wirkung bei durchgeführten Tierversuchen mit Ratten und Mäusen festgestellt wurde.

Für die Einen ist die Verordnung im Sinne des Verbraucherschutzes, für die Anderen wird etwas ohne fundierte Beweise bewusst zu einem Problem gemacht. Dass sich hier die Meinungen spalten, zeigen auch die verschiedensten Ansichten „offizieller“ Stellen.
Die WHO gibt beispielsweise keinerlei Empfehlungen ab, da es nicht genügend Anhaltspunkte gibt.
Die EFSA hat ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben, wonach in Tierstudien eine krebserregende Wirkung bestätigt werden konnte, aber die Humanstudien nicht schlüssig seien. Es wird eine Gesundheitsgefährdung für Wahrscheinlich gehalten.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht weder einen Beweis noch einen Gegenbeweis dafür, dass Acrylamid eine krebserzeugende Wirkung beim Menschen hat.

Fakt ist: Die EU hat mit der Verordnung Vorgaben für die Lebensmittelhersteller niedergeschrieben.

Hier geht es zu einer Übersicht, wie die Verordnung aufgebaut ist: Grafik Acrylamid

Mit dieser Verordnung will die EU bewirken, dass der Acrylamidgehalt so gering wie möglich gehalten wird und die Lebensmittelhersteller mit schlüssigen Konzepten eine Acrylamidminimierung im Fokus haben. Was ist aber gering? Hierzu wurden Richtwerte in der Verordnung festgehalten, nach denen sich die Hersteller richten müssen. Diese Richtwerte gelten für die kommenden 3 Jahre und werden dann von der Kommission erneut überprüft. Die Richtwerte findet ihr im Anhang IV:

Nun fragt sich natürlich jeder, der sich zum ersten Mal mit diesem Thema beschäftigt, muss ich mich mit damit beschäftigen und wenn ja: wie hoch sind die Acrylamidgehalte in den von mir/bei uns hergestellten Produkten.
Im Artikel 1 der Verordnung sind die Produkte genannt, für welche die Verordnung gilt:
• Pommes Frites, andere geschnittene (frittierte) Erzeugnisse und Chips aus frischen Kartoffeln/Erdäpfeln
• Kartoffel-/Erdapfelchips, Snacks, Cracker und andere Kartoffel-/Erdapfelerzeugnisse auf Teigbasis
• Brot
• Frühstückscerealien (ausgenommen Porridge)
• Feine Backwaren: Plätzchen, Kekse, Zwieback, Getreideriegel, Scones, Eiswaffeln, Waffeln, Crumpets und Lebkuchen, Cracker (Hartkeks, auf Getreidemehlbasis), Knäckebrot und Brotersatzprodukte
• Kaffee
• gerösteter Kaffee
• Instant-Kaffee (löslicher Kaffee)
• Kaffeemittel
• Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates

Somit ist schnell klar, dass diese Verordnung sehr viele Lebensmittelhersteller betrifft. Und denen bleibt nichts anderes übrig, als Proben analysieren zu lassen.Und auch hier gibt es entsprechende Vorgaben. Zum einen muss man einen Probenahmeplan erstellen und repräsentative Proben einer Charge je Produktgruppe in einem Labor analysieren lassen, welches an geeigneten Leistungsprogrammen teilnimmt. Genaueres hierzu findet ihr im Anhang III der Verordnung. Damit ist es aber noch nicht getan. Das Hauptanliegen der Verordnung ist neben der Erhebung von Daten, die nachhaltige Minimierung des Acrylamidgehaltes auf ein niedriges Niveau. D.h. die Hersteller sind dazu aufgefordert den Acryamidgehalt so niedrig wie möglich zu halten. Dafür sind verschiedene Minimierungsmaßnahmen für die unterschiedlichen Produktgruppen niedergeschrieben.Wer hier genaueres Wissen möchte oder explizite Informationen zu einem bestimmten Produkt benötigt, schreibt es mir einfach in die Kommentare und ich werde einen spezifischeren Blogbeitrag dazu schreiben.

Wichtig ist zu bedenken, dass es nicht mit der reinen Datenerhebung getan ist. Ganz im Gegenteil. Es fängt schon bei der Datenerhebung an. Verwendet euer Labor eine geeignete Methode und wenn ja, wie hoch sind die Messschwankungen? Ich kann Jeden nur dazu raten, bevor es in die Analyse der Produktgruppen geht zu prüfen, welches Labor mit welcher Methode arbeitet. Die praktikabelste Lösung ist das Versenden von 3 identischen Proben an mindestens 2 ausgewählte Labore. Die Proben sollten natürlich so verschlüsselt sein, dass die Labore nicht wissen, dass es sich um identische Proben handelt. Es macht zudem Sinn die identischen Proben nicht mit einmal von den Laboren analysieren zu lassen, sondern zeitlich versetzt. Anhand dieser Ergebnisse, könnt ihr dann sehen, welches Labor mit welchen Schwankungsbreiten analysiert.
Wenn ihr dann ein geeignetes Labor gefunden habt, geht es um eure Datenerhebung. Hier müsst ihr für eine repräsentative Probe sorgen. D.h. es ist nicht damit getan ein Produkt von einer Charge analysieren zu lassen. Wie verhält es sich mit Prozessschwankungen? Man kann nicht eine analysierte Probe als Aufhänger nehmen. Hier soltet ihr pro Charge 2 bis 3 Proben analysieren lassen sowie mindestens 2 Chargen. Demnach muss man für eine repräsentative Datenerhebung mit mindestens 4 bis 6 Proben rechnen. Je nachdem wieviel Produktgruppen man hat, summiert sich da einiges zusammen.

Für viele wird sich auch die Frage stellen, was eine Produktgruppe ist. Hier würde ich immer von der Rezeptur sowie dem Erhitzungsvorgang ausgehen. Denn dies sind die maßgebenden Einflussfaktoren des Acrylamidgehaltes. Und es sind zudem die Faktoren, welche beeinflusst werden können um den Acrylamidgehalt zu reduzieren. Denn, selbst wenn die Acrylamidgehalte unterhalb des Richtwertes liegen, ist man dazu aufgefordert Minimierungsmaßnahmen zu prüfen.

Ich hoffe, dass ich in diesem Blogbeitrag eine Hilfestellung zum Thema Acrylamid leisten konnte.Schreibt mir doch gerne in die Kommentare!

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Bis zum nächsten Blogbeitrag…

1 Gedanke zu „Reduzierung von krebserregenden Acrylamid

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